Die 8 wichtigsten Fragen der Jakobsweg-Vorbereitung
Dieser Artikel ist am 17.12.2015 auf meinem Blog domibility.de erschienen und wurde vor der Veröffentlichung auf wanderveg.de überarbeitet. Ich habe ein paar Produkte verlinkt. Wenn Du über diesen Link einkaufst, erhalte ich eine kleine Provision – für Dich bleibt der Preis natürlich der gleiche!
Meine Reise auf dem Jakobsweg hat mein komplettes Jahr 2015 bestimmt. Ich habe bereits im März mit der Jakobsweg-Vorbereitung begonnen, habe Unmengen an Büchern und Blogs zu dem Thema gelesen und war anschließend 88 Tage auf meiner Reise von Köln nach Finisterra ans Ende der Welt. Dieses Abenteuer hat mein Leben verändert und wird mir immer im Gedächtnis bleiben. Ich bin gestärkt von dieser Reise zurückgekehrt mit vielen Erkenntnissen, von denen ich einige bereits mit Dir geteilt habe.
Eine gute Vorbereitung gehört für mich zum Jakobsweg dazu, damit du die Zeit vor Ort voll auskosten kannst. Ich weiß, dass die Worte Jakobsweg und Planung zunächst widersprüchlich klingen. Schließlich gehen viele Pilger den Weg auch, um nicht jeden Tag von morgens bis abends nach einem festen Plan zu leben und selbst die Kontrolle über ihr Leben zurückzugewinnen. Mein Weggefährte Maarten hat es in passende Worte gepackt: „Go with the flow.“ Sobald du unterwegs bist ist das eine sehr gute Vorgehensweise. Bis dahin lohnt es sich aber, einige Fragen zu beantworten, um möglichst viele Erkenntnisse aus deiner Reise auf dem Jakobsweg zu ziehen.
Diese 8 Fragen solltest du bei deiner Jakobsweg-Vorbereitung klären
1. Frage zur Jakobsweg-Vorbereitung: Wie viel Zeit steht dir zur Verfügung?
Zeit ist ein wichtiges Gut. Die meisten von uns haben nicht unbegrenzt Zeit und können nicht einfach mal drei Monate auf Jakobswegen unterwegs sein. Deshalb ist die wirklich zentrale Frage, wie viel Zeit du dir für deine Reise auf dem Jakobsweg nehmen willst oder kannst. Diese Frage ist richtungsweisend für die komplette Reise. Je mehr Zeit du hast, desto länger kannst du unterwegs sein und desto länger kann auch die zurückzulegende Strecke sein.
Meine Erfahrung: 3 Wochen sollten es mindestens sein. Wenn du weniger Zeit hast, fällt es schwer, sich gedanklich vom Alltag zu lösen und in einen „Flow-Zustand“ zu gelangen, auch weil dein Körper sich zunächst an die tägliche Belastung gewöhnen muss. Bezüglich der Maximaldauer habe ich keine Empfehlung – 88 Tage waren mir auf jeden Fall immer noch nicht zu lange.
2. Frage zur Jakobsweg-Vorbereitung: Wie viel Budget steht dir zur Verfügung?
Ebenfalls richtungsweisend ist die Frage nach dem Budget, welches du bereit bist, für deine Reise auf dem Jakobsweg auszugeben. Ich habe unterwegs Menschen getroffen, die mit 7€ pro Tag geplant haben. Ich habe insgesamt (mit den Zugfahrten nach Hause) rund 46€ / Tag benötigt. Dass der Unterschied zwischen 7€ und 46€ ziemlich groß ist, muss ich dir wahrscheinlich nicht vorrechnen. Das Budget, das dir zur Verfügung steht, ist ausschlaggebend dafür, wo du übernachtest und wie du dich unterwegs ernährst. In Hotels und Pensionen zu schlafen und täglich im Restaurant zu essen ist teurer, als in Herbergen unterzukommen und mit anderen Pilgern gemeinsam zu kochen. Dein Budget ist ebenfalls entscheidend für die nächste Frage, denn Pilgern ist in Deutschland und Frankreich teurer als in Spanien und Portugal.
Meine Erfahrung: Geißel Dich nicht mit einem zu kleinen Budget – der Jakobsweg ist entbehrungsreich genug. Deine Ernährung und Regeneration unterwegs sind wichtig, denn die Belastung für deinen Körper ist überdurchschnittlich hoch. 46€ / Tag ist allerdings ein sehr hoher Betrag, der vor allem von den teuren Unterkünften in Deutschland und Frankreich herrührt (durchschnittlich über 26€ meines Tagesbudgets von 46€ gehen zu Lasten der Übernachtungskosten). Irgendwo zwischen 7€ und 46€ liegt die goldene Mitte, mit der du gut und ohne zu große Entbehrungen (ernährungs- und schlaftechnischer Natur) über die Runden kommst: 15 – 30€ / Tag sind absolut realistisch.
3. Frage zur Jakobsweg-Vorbereitung: Wo willst du starten?
Der bekannteste Startort für den Jakobsweg ist Saint-Jean-Pied-de-Port direkt an der spanischen Grenze. Von dort starten viele Pilger auf den Camino Francés. Um auf den Camino del Norte, also den Küstenweg zu gelangen, starten Pilger gewöhnlicherweise in Irun. Irun befindet sich bereits in Spanien, jedoch ebenfalls direkt an der Grenze zu Frankreich. Es gibt in ganz Europa Jakobswege, d.h. du bist nicht an diese Startorte gebunden, sondern kannst oftmals direkt vor der Haustür starten. Natürlich ist es auch möglich, Teilstücke des Weges zurückzulegen und beispielsweise jedes Jahr zwei Wochen auf dem Jakobsweg zu verbringen. Finde deinen Weg!
Meine Erfahrung: Für mich war es großartig, einfach mit meinem Rucksack aus der Haustüre zu gehen und zu starten. Ich halte das für eine tolle Art, eine (Pilger)Reise zu beginnen. Hast Du dich für einen der Wege in Spanien entschieden, bleibt die Anreise per Zug oder Flugzeug übrig. Wie bereits erwähnt, ist das Pilgern in Deutschland und Teilen Frankreichs teurer als in Spanien und Portugal – von daher spielt auch dein Budget eine Rolle, wenn es um die Klärung der Frage geht, wo du startest.
4. Frage zur Jakobsweg-Vorbereitung: Weshalb begibst du dich auf den Jakobsweg?
Was du mit deiner Reise auf dem Jakobsweg für dich persönlich erreichen willst ist ebenfalls eine zentrale Frage für die Jakobsweg-Vorbereitung. Dazu kannst du dir beispielsweise folgende Fragen stellen:
- Was suche ich auf dem Weg? Will ich nur wandern, suche ich Gott oder ein anderes „höheres Wesen“ oder bin ich auf der Suche nach dem Sinn des Lebens?
- Will ich vor allem allein für mich unterwegs sein oder suche ich aktiv die Gesellschaft von anderen?
- Will ich eine sportliche Herausforderung und täglich möglichst weite Strecken zurücklegen oder ist mir die tägliche Kilometeranzahl vollkommen egal?
Meine Erfahrung: Wenn du allein unterwegs sein willst, empfehle ich die Jakobswege in Deutschland. Auf den Wegen in Deutschland habe ich nicht einen einzigen Pilger getroffen und nur äußerst selten Bekanntschaft mit Wanderern oder Einheimische gemacht. Um möglichst vielen Menschen zu begegnen, ist der Camino Francés sicherlich die richtige Wahl. Einen „Mittelweg“ bietet der Küstenweg, der jedoch körperlich etwas anspruchsvoller ist als der Camino Francés.
Übersichtskarte deutscher Jakobswege von deutsche-jakobswege.de
5. Frage zur Jakobsweg-Vorbereitung: Welchen Weg möchtest du gehen?
Bevor ich angefangen habe, mich mit meiner Reise zu beschäftigen, war der Jakobsweg für mich immer ein Weg in Spanien. Wie bereits in der vorherigen Frage erwähnt, gibt es jedoch in ganz Europa Jakobswege. Der am meisten frequentierte Weg ist der besagte Camino Francés, der vor allem durch Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ bekannt wurde. Daneben gibt es jedoch auch in Spanien einige andere Wege, wie beispielsweise den Camino del Norte (Küstenweg) oder den Camino Primitivo. Vielleicht magst du ja auch lieber in Porto starten und von dort aus auf dem portugiesischen Jakobsweg (darüber habe ich zusammen mit meinem Pilgerfreund Christoph ein Buch veröffentlicht). Richtung Santiago de Compostela pilgern. Jeder Weg hat seinen eigenen Reiz und seinen eigenen Schwierigkeitsgrad. Deshalb ist es wichtig, dass du dich im Vorhinein schlau machst, welcher Weg zu deinen Vorstellungen passt.
Meine Erfahrung: Ich habe mich für den linksrheinischen Jakobsweg in Deutschland entschieden, weil ich einen Zwischenstopp bei meinem Bruder und meiner Familie einlegen wollte. Über den Danach habe ich den Weg von Metz nach Le Puy gewählt, weil ich eine sportliche Herausforderung gesucht habe – und die hat man auf diesem mit seinen ständigen Auf- und Abstiegen definitiv. Den Küstenweg in Spanien habe ich aufgrund seiner Nähe zum Meer gewählt.
6. Frage zur Jakobsweg-Vorbereitung: Wo willst du übernachten?
Übernachtungen gestalten sich auf dem Jakobsweg sehr unterschiedlich. Von Hotel und Hostel über Herberge bis hin zum Zelt oder dem Schlafen unter freiem Himmel ist nahezu alles möglich. Diese Frage geht zum einen mit der Frage nach dem Budget einher (siehe oben), zum anderen auch mit der Frage nach deinen eigenen Vorlieben. Hast du Angst, allein zu zelten, ist das keine geeignete Alternative für dich (es sei denn, du möchtest lernen, mit dieser Angst umzugehen). Prinzipiell lässt es sich in Herbergen sehr gut schlafen, solange dir das Schlafen in Gruppenräumen und das Schnarchen von Mitpilgern nichts ausmacht. Herbergen sind eine gute und günstige Alternative und bieten Raum zum Austausch mit anderen bei einem unschlagbaren Preis-Leistungsverhältnis (die Übernachtung in einer Herberge in Spanien / Portugal kostet zwische 0 (Spendenbasis) und 10€). Hotels und Pensionen sind teurer, bieten dir dafür mehr Privatsphäre.
Meine Erfahrung: Ich habe mich dafür entschieden, in Hostels / Hotels / Herbergen zu übernachten. Leider gibt es in Deutschland und Teilen Frankreichs keine gute Herbergeninfrastruktur, weshalb ich keine andere Wahl hatte, als auch in Hotels zu übernachten. Wenn ich den kompletten Weg noch einmal gehen würde, würde ich auf jeden Fall ein Zelt mitnehmen, denn damit lässt sich (in DE und FR) viel Geld sparen. Für die Übernachtung in den Herbergen benötigst du einen Pilgerausweis, den du online oder in den gängigen Startorten für einen kleinen Obulus erwerben kannst (mehr Infos findest du hier).
7. Frage zur Jakobsweg-Vorbereitung: Wie weit möchtest du täglich gehen?
Aus der Kombination des von dir gewählten Startortes und Weges ergibt sich die Strecke, die du insgesamt zurücklegen wirst. Kombiniert mit der dir zur Verfügung stehenden Zeit, kommst du auf die Kilometerleistung, die du im Durchschnitt täglich absolvieren musst. Ein Beispiel: Ich hatte mich für den Start vor meiner Haustür entschieden und mit den Wegen, die ich ausgewählt habe, kam ich auf ca. 3.150km. Ich hatte für meine Reise von Köln nach Santiago de Compostela 100 Tage eingeplant, was einer durchschnittlichen tägliche Kilometerleistung von ca. 31,5km entspricht.
Meine Erfahrung: Ich empfehle dir, konservativer zu planen als ich. 15 bis 25km stellen bereits eine Belastung für deinen Körper da, an die er sich zunächst gewöhnen muss. Bei diesen Entfernungen artet das Pilgern nicht in Stress oder ein Wettrennen aus. Ich habe mich mit knapp über 30km pro Tag aktiv für die sportliche Herausforderung entschieden und bereue es nicht. Solch große Kilometerleistungen gehen jedoch mit starken körperlichen Belastungen einher. Schätze dich selbst realistisch ein und höre auf deinen Körper – damit du auch morgen noch fröhlich pilgern kannst.
8. Frage zur Jakobsweg-Vorbereitung: Mit wem möchtest du gehen?
Möchtest du den Weg allein bestreiten oder doch lieber gemeinsam mit einem Familienmitglied, einem Freund oder sogar einem Fremden? Ich habe unterwegs alle möglichen Konstellationen gesehen. Am häufigsten habe ich Menschen getroffen, die alleine gestartet sind, um unterwegs Freundschaften zu schließen und Teilstücke des Weges gemeinsam zu gehen. Dabei ist es auf dem Jakobsweg ganz normal, dass sich solche „Reisegemeinschaften“ bilden und wieder auflösen, was einen gewissen Reiz hat, da man so viele verschiedene Charaktere kennenlernen kann und sich aktiv Zeit allein nehmen kann.
Meine Erfahrung: Ich empfehle, alleine loszugehen. Die Zeit, in der ich allein in Deutschland und Frankreich unterwegs war, war für mich persönlich sehr wertvoll. Dadurch hatte ich viel Zeit, mein bisheriges Leben Revue passieren zu lassen und mich gedanklich damit auseinanderzusetzen, welchen Weg ich zukünftig einschlagen will. Ich habe unterwegs immer wieder Strecken mit anderen Menschen gemeinsam zurückgelegt und neue Bekanntschaften gemacht. Letztlich musst du dich auf deinem Weg wohlfühlen. Wenn du das alleine nicht tust oder du dich alleine nicht traust, starte gemeinsam mit einem Freund oder in einer Gruppe.
Allein unterwegs zu sein, kann auf Dauer anstrengen. Sich ein paar Tage einer Gruppe anzuschließen schafft Abhilfe und sorgt für Abwechslung.
Es gibt viele Dinge, die sich spontan ergeben und die du auch unterwegs klären kannst. Wenn du die grundlegenden Fragen bereits während der Jakobsweg-Vorbereitung klärst, kannst du dich ganz und gar dem Wunder Jakobsweg widmen und deine Pilgerreise in vollen Zügen genießen.
Die Frage, welches Equipment für dich das richtige ist, kannst du erst beantworten, wenn du die obenstehenden Fragen beantwortet hast. Welchen Rucksack ich genutzt habe und was ich alles darin verstaut habe, erfährst du in meiner Packliste für den Jakobsweg. Vor deiner Abreise empfehle ich dir auf jeden Fall eine Diät für deine Ausrüstung. Zuletzt möchte ich dir noch ein paar Dinge ans Herz legen, die du vor deiner ersten Reise auf dem Jakobsweg wissen solltest und dir Tipps an die Hand geben, wie du Schmerzen vorbeugen und sie unterwegs vermeiden kannst.
Jede Pilgerreise beginnt im Kopf – viel Spaß bei deiner Jakobsweg-Vorbereitung!
Welche essentiellen Fragen fehlen Dir in der Auflistung noch? Hast Du andere Erfahrungen gemacht? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!